Frauen und Kinder in Togo kochen gemeinsam im Freien mit traditionellen Methoden

Feminismus, brauchen wir das?

Gleichberechtigung, Menschenwürde und ein erfülltes Leben für jeden Menschen – wollen wir das nicht alle?

Unsere  Grundwerte – Gerechtigkeit, Mitgefühl, Liebe – spie­geln die Idee einer gemein­sa­men Verantwortung für eine gleich­be­rech­tig­te­re und gerech­te­re Welt wider. Daher ist die Beseitigung von Armut, Leid und Ungerechtigkeit unser zen­tra­les Ziel als Hilfsorganisation. Wie kön­nen wir Frieden errei­chen und Armut besie­gen, wenn die Hälfte der Weltbevölkerung in vie­len Bereichen aus­ge­schlos­sen ist?

Feminismus ist kein rei­nes „Frauenthema“, denn jede:r pro­fi­tiert davon, wenn alle Stimmen einer Gesellschaft gehört wer­den – auch die der ver­schie­de­nen mar­gi­na­li­sier­ten Gruppen. Wenn struk­tu­rel­le Benachteiligung besei­tigt und Chancengleichheit her­ge­stellt wer­den kann, pro­fi­tie­ren auch Jungen und Männer. Denn neue Rollenbilder ermög­li­chen allen einen grö­ße­ren Freiraum, das Leben so zu leben, wie es sich jede und jeder für sich per­sön­lich wünscht.

Der Feminismus ist eine Entscheidung gegen alte Rollenbilder und Werte des Kolonialismus, Rassismus, Imperialismus und Militarismus. Es ist eine Entscheidung für Gleichstellung, Gleichbehandlung und Zusammenhalt in der Gesellschaft. Es zeich­net sich aus durch Kompromissbereitschaft, Dialogfähigkeit und Empathie.

Sind wir nicht längst alle gleichgestellt?

Auf den ers­ten Blick mag das für eini­ge Menschen so wir­ken, die Zahlen zei­gen jedoch das Gegenteil:

Frauen sind in Deutschland immer noch schwä­cher am Arbeitsmarkt betei­ligt als Männer. Der Lohnunterschied beträgt dabei ca. 14 Prozent, womit Deutschland im inter­na­tio­na­len Vergleich gera­de mal im unte­ren Drittel ein­zu­stu­fen ist. Jede drit­te Frau in Deutschland erlebt ein­mal im Leben phy­si­sche oder sexua­li­sier­te Gewalt. Diese Unterschiede kön­nen wir auch in zahl­rei­chen ande­ren Ländern beob­ach­ten. Dazu kommt, dass Frauen den größ­ten Teil der welt­wei­ten Nahrungsmittel pro­du­zie­ren, aber weni­ger als 10 Prozent des Bodens besit­zen. Bei Katastrophen oder Konflikten sind Frauen auf­grund der geschlech­ter­spe­zi­fi­schen und zuge­schrie­be­nen Ungleichheiten in Bezug auf den Zugang zu Ressourcen und Informationen, Mobilität, Lese- und Schreibfähigkeit und Entscheidungsbefugnissen benach­tei­ligt. Eine  zusätz­li­che Belastung sind außer­dem die stei­gen­den Fälle von häus­li­cher und sexu­el­ler Gewalt sowie Menschenhandel. In den letz­ten 30 Jahren waren ledig­lich 6 Prozent der Mediator:innen in Friedensprozessen Frauen. Ein trau­ri­ges Zeugnis, da Frauen vor­nehm­lich von Konflikt und Gewalt betrof­fen sind – über den Ausgang der Situationen aber nur bedingt mit­ent­schei­den kön­nen. Diskriminierung trifft auch que­e­re Beziehungen, die immer noch in 70 Ländern kri­mi­na­li­siert wer­den und für Betroffene zu Vertreibung, Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen füh­ren.

Der Klimawandel ver­schärft die­se Schwachstellen, da er die Anzahl der Katastrophen erhöht. UN Women warnt davor, denn es ist 14-mal wahr­schein­li­cher, dass Frauen und Kinder bei einer Katastrophe ster­ben. Das liegt oft dar­an, dass sie spä­ter gewarnt wer­den, sel­te­ner schwim­men kön­nen und sich oft um Angehörige küm­mern. Auf der Flucht sind sie dann häu­fi­ger von kör­per­li­cher und sexua­li­sier­ter Gewalt und Ausbeutung betrof­fen. Beim Tsunami im indi­schen Ozean im Jahr 2004 waren 70 Prozent der Todesopfer Frauen. Das ist lei­der kein Einzelfall: 80 Prozent der 21,5 Mio. Menschen, die welt­weit auf­grund von kli­ma­be­ding­ten Katastrophen flie­hen, sind Frauen.

Eine men­schen­rechts­ba­sier­te Neuausrichtung der Gesellschaft, aber auch der Politik und Organisationskultur, ist die Antwort auf die­se Herausforderungen: Feminismus.

Was ist Feminismus?

Wir soll­ten uns nicht von einem blo­ßen Wort (hier: Feminismus) lei­ten las­sen, son­dern auf den Inhalt schau­en (der die Gleichstellung der Geschlechter ein­schließt, aber nicht dar­auf beschränkt bleibt). Feminismus ist ein Begriff, der oft nega­tiv behaf­tet ist – an eine Bewegung erin­nert, die Männer aus­schlie­ßen oder gar degra­die­ren will. Im poli­ti­schen Diskurs wur­de des­we­gen bis heu­te oft eine ande­re Sprache genutzt oder die Debatte um Feminismus ver­mie­den. Das hat aber auch damit zu tun, dass poli­ti­sche Akteur:innen zurück­hal­tend sind oder bestehen­de sozia­le und poli­ti­sche Hierarchien schüt­zen wol­len. Wir wis­sen, dass wir die zer­stö­re­ri­schen Kräfte des patri­ar­cha­lisch gepräg­ten Systems, wel­ches einem Post-Kolonialismus, einem des­struk­ti­ven Kapitalismus, Rassismus, Imperialismus und einem Militarismus Vorschub leis­tet, über­win­den müs­sen. Dennoch soll­ten wir als Gesellschaft unser Ziel einer gerech­ten, mit­füh­len­de­ren und lie­be­vol­le­ren Welt nie aus den Augen ver­lie­ren.

Es ist dabei wich­tig zu ver­ste­hen, dass es sich bei dem Konzept des Feminismus um kei­ne neue „Ideologie“ han­delt, son­dern um ein aner­kann­tes, poli­ti­sches Konzept, wel­ches sei­ne Wurzeln im frü­hen 20. Jahrhundert hat. Die Bewegung der Gleichberechtigung zwi­schen den Geschlechtern geht aller­dings noch wei­ter zurück in der Geschichte als die Begriffsschöpfung „Feminismus“ – sie ist so alt wie die Ungerechtigkeit selbst. Feminismus exis­tiert also schon lan­ge. Der inter­na­tio­na­le Frauenfriedenskongress 1915 in Den Haag hat dann end­lich die spä­te­re UN-Resolution 1325 des Jahres 2000 über „Frauen, Frieden und Sicherheit“ inspi­riert und damit eine wich­ti­ge Leitlinie geformt.

Gleichberechtigung ist also eine Frage unse­rer sozia­len Verantwortung, aber auch von gesell­schaft­li­cher Effizienz. Menschen ver­schie­de­ner Geschlechter sind nicht nur unter­schied­lich stark von den Herausforderungen unse­rer Welt betrof­fen, son­dern kön­nen auch auf unter­schied­li­che Weise einen posi­ti­ven Einfluss auf die Lösungsfindung haben: Wir wis­sen, dass sich kon­flikt­be­trof­fe­ne Gesellschaften mit mehr Frauen in höhe­ren Kompetenzebenen schnel­ler von Wirtschaftsschwäche und Armut erho­len. Engagement und Partizipation aller Geschlechter und Gruppen einer Gesellschaft sind daher maß­geb­lich für Frieden und Sicherheit. Der jähr­lich aktua­li­sier­te Global Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums ana­ly­siert detail­liert den Status quo in zahl­rei­chen Ländern. Dieser stell­te zuletzt fest, dass das Schließen der Lücke zwi­schen Männern und Frauen (Gender Gap) bei gleich­blei­ben­der Geschwindigkeit des Wandels noch 99,5 Jahre auf sich war­ten las­sen wird. Innerhalb der vier ana­ly­sier­ten Dimensionen (Bildung, poli­ti­sche und wirt­schaft­li­che Teilhabe und Gesundheit) fällt regel­mä­ßig beson­ders die feh­len­de wirt­schaft­li­che Beteiligung von Frauen auf. Hier gibt es gro­ßen Aufholbedarf. Die Verteilung der Macht in der Gesellschaft führt zu die­sen Ungleichheiten und zeigt auch in den ande­ren drei unter­such­ten Dimensionen eine Benachteiligung von Frauen. Die heu­ti­ge Außen‑, Sicherheits- und Entwicklungspolitik lei­det unter die­ser feh­len­den Teilhabe mar­gi­na­li­sier­ter Gruppen und kön­nen nicht ihr vol­les Potential aus­schöp­fen.

Marginalisierte Gruppen sind in Entscheidungsprozessen nicht voll­wer­tig ein­ge­bun­den; sie neh­men in einem unge­rech­ten Machtgefüge nicht auf glei­che Weise am gesell­schaft­li­chen und/oder poli­ti­schen Leben teil und sind daher häu­fig von Diskriminierung und Ausgrenzung betrof­fen. In vie­len Kontexten gehö­ren zu die­sen Gruppen Frauen, aber auch Kinder, Menschen mit Behinderungen, Mitglieder der LGTBQI+-Gemeinschaft, älte­re Menschen und Menschen mit einem ande­ren reli­giö­sen Hintergrund, um nur eini­ge zu nen­nen.

Wir leben in einer Welt, in der die Rechte eini­ger Menschen Vorrang vor ande­ren haben. Um allen Mitgliedern einer Gesellschaft die Möglichkeit eines erfüll­ten Lebens zu bie­ten, müs­sen wir alle Menschen glei­cher­ma­ßen stär­ken. Wenn wir dies tun, inves­tie­ren wir in die künf­ti­ge Sicherheit, Entwicklung und Nachhaltigkeit unse­res Planeten.

Es wird deut­lich, dass der inter­sek­tio­na­le Ansatz eine beson­de­re Rolle spielt, er ist cha­rak­te­ris­tisch für femi­nis­ti­sche Herangehensweisen: Ein sol­cher Ansatz erkennt an, dass sich ver­schie­de­ne Formen von Ungerechtigkeit und Ungleichheit gegen­sei­tig ver­schär­fen und nicht iso­liert von­ein­an­der gelöst wer­den kön­nen. So haben die Auswirkungen des Klimawandels dazu bei­getra­gen, dass sich Ungleichheiten zwi­schen Menschen und Nationen ver­schär­fen und zu stei­gen­der Armut und Instabilität füh­ren.

Feministische Außen- und Entwicklungspolitik

Wir begrü­ßen, dass meh­re­re Länder, dar­un­ter auch Deutschland, sich ent­we­der zu einem femi­nis­ti­schen Politikansatz ver­pflich­tet oder bereits einen sol­chen ein­ge­führt haben. Die deut­sche Bundesregierung will die­sen Wandel vor­an­trei­ben und erkennt an, dass gera­de in Krisenzeiten eine femi­nis­ti­sche Entwicklungs- und Außenpolitik gebraucht wird. Sowohl das Auswärtige Amt als auch das Bundesministerium für wirt­schaft­li­che Zusammenarbeit und Entwicklung haben im Herbst 2022 einen Prozess zur eige­nen Strategieerstellung gestar­tet, wel­chen wir eng beglei­ten.

Da wir die wech­sel­sei­ti­gen Abhängigkeiten zwi­schen der indi­vi­du­el­len Würde des Menschen und dem kol­lek­ti­ven und nach­hal­ti­gen Wohlstand unse­rer Gesellschaften erkannt haben, unter­stüt­zen wir den neu ange­kün­dig­ten, inklu­si­ven Politikansatz der deut­schen Regierung. Die bestehen­de sys­te­mi­sche Ungleichheit ver­ur­sacht Entmündigung und Exklusivität. Um die­se zu bekämp­fen, muss das poli­ti­sche und wirt­schaft­li­che Systeme, in denen Frauen unter­re­prä­sen­tiert und dis­kri­mi­niert sind, auf­ge­bro­chen wer­den. Feministische Ansätze in der Politik haben das Potential, vor­mals mar­gi­na­li­sier­te Gruppen in den Fokus unse­rer Aufmerksamkeit zu stel­len. Es ist Teil der  Sorgfaltspflicht der Bundesregierung, für Menschenrechte und die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele ein­zu­ste­hen und die­se auch von Partnern – ein­schließ­lich ADRA – ein­zu­for­dern.

Feministische Außenpolitik

Die Bundesregierung hat sich einer femi­nis­ti­schen Außenpolitik ver­schrie­ben. Die ent­spre­chen­den Leitlinien sind ein wich­ti­ger Schritt hin zu einer anti­ko­lo­nia­len, geschlech­ter­ge­rech­ten und inter­sek­tio­na­len Neugestaltung in vie­len Bereichen der Außenpolitik, wie bei­spiels­wei­se der Klimaaußenpolitik oder huma­ni­tä­ren Hilfe.  

Was kann ADRA tun?

Nicht nur als Partnerin der Bundesregierung, son­dern vor allem als unab­hän­gi­ge zivil­ge­sell­schaft­li­che Akteurin ist es unse­re Verantwortung, die­sen Weg zu beschrei­ten. Mehr noch: Es ist unse­re Aufgabe, die gesell­schaft­li­che Entwicklung hin zu einer femi­nis­ti­schen und gerech­ten Welt zu beglei­ten und zu unter­stüt­zen.

Veränderung vor­an­zu­trei­ben bedeu­tet auch, unse­ren eige­nen Anteil an der Situation zu reflek­tie­ren. Ein fes­ter Teil unse­rer Lernkultur ist es, Bereiche zu iden­ti­fi­zie­ren, in denen wir uns ver­bes­sern kön­nen und dabei eine akti­ve Rolle ein­zu­neh­men, damit wir einen Beitrag zum Wandel leis­ten kön­nen. Das betrifft uns auch bei ADRA.

Wir sind über­zeugt, dass eine men­schen­rechts­ba­sier­te Neuausrichtung der Politik und unse­rer Gesellschaft in Deutschland der rich­ti­ge nächs­te Schritt ist. Als Zivilgesellschaft liegt es in unse­rer Natur, Merkmale mili­tä­ri­scher Stärke, alle Formen der Gewalt und destruk­ti­ve Herrschaft zu hin­ter­fra­gen und zu kri­ti­sie­ren und eine ambi­tio­nier­te und visio­nä­re Politikgestaltung zu for­dern.  

Es ist daher nicht über­ra­schend, dass wir in unse­ren eige­nen stra­te­gi­schen Prioritäten und deren Umsetzung vie­le Parallelen zum Konzept des Feminismus fin­den. Es reflek­tiert sich in den Strategien und Maßnahmen des inter­na­tio­na­len ADRA-Netzwerks, wel­ches sich ver­pflich­tet, die­je­ni­gen zu unter­stüt­zen, die auf­grund von Geschlecht, extre­mer Armut oder Diskriminierung (z.B. gegen­über eth­ni­schen oder natio­na­len Minderheiten, älte­ren Menschen, Menschen mit Behinderungen) am meis­ten gefähr­det sind. Der ADRA inter­ne Standard ist deckungs­gleich mit ver­schie­de­nen aner­kann­ten Prinzipien, dar­un­ter huma­ni­tä­re Standards und biblisch/theologisch basier­te Überlegungen aus der Schöpfungstheologie zur Gleichberechtigung der Geschlechter.

Organisationsinterne Prozesse und diskriminierungsfreie Sprache

Daher ist uns ein Wandel des Führungsstils und unse­rer Organisationskultur wich­tig, da eine zivil­ge­sell­schaft­li­che Akteurin mit gutem Beispiel vor­an gehen muss, um eine glaub­wür­di­ge Rolle ein­zu­neh­men. Wir wol­len nach innen leben, was in vie­len unse­rer Projekte bereits geleb­te Praxis ist, und über­neh­men femi­nis­ti­sche Prinzipien. Dazu ent­wi­ckeln wir inner­halb unse­rer Organisation und mit unse­ren Partner:innen par­ti­zi­pa­ti­ve Ansätze, die die­se Grundausrichtung sys­te­ma­tisch ent­fal­tet. In den letz­ten Jahren hat ADRA Deutschland eini­ge Gremien pari­tä­tisch oder annä­hernd pari­tä­tisch besetzt, dies trifft ins­be­son­de­re für den Aufsichtsrat  und die Mitarbeitendenvertretung zu. Beide Gremien sind zu 50 Prozent mit Frauen besetzt. ADRA ist lang­jäh­ri­ges Mitglied der FAIR SHARE of Women Leaders e.V., um die Aufmerksamkeit für die­sen struk­tu­rel­len Wandel hoch­zu­hal­ten und in den Austausch mit ande­ren Akteur:innen zu tre­ten.

Gleichzeitig wird der kul­tu­rel­le und sprach­li­che Wandel wei­ter in den Vordergrund gerückt. So exis­tie­ren inter­ne Arbeitsgruppen, wel­che sich mit den Aspekten einer femi­nis­ti­schen Projektarbeit und Organisationskultur beschäf­ti­gen und u a. eine Sprachpolicy erstel­len, wel­che als Handreichung und Sensibilisierung die­nen soll. Eine dis­kri­mi­nie­rungs­freie Sprache ist vor allem im Deutschen nicht immer ein­fach zu rea­li­sie­ren. Wir sind aber über­zeugt, dass Sprache nicht neu­tral ist, son­dern geprägt durch gesell­schaft­li­che Gegebenheiten dis­kri­mi­nie­rend und ver­let­zend sein kann. Wir wis­sen auch, dass Sprache nicht starr und unver­än­der­bar ist, viel­mehr ent­wi­ckelt sie sich. Diesen Prozess aktiv und reflek­tiert zu beglei­ten und vor­an­zu­trei­ben, ist Teil unse­rer Lernkultur.

Es ist unse­re Aufgabe als zivil­ge­sell­schaft­li­che Akteurin, die Entscheidungsträger:innen an die drin­gends­ten Bedürfnisse unse­rer Gesellschaft, jedes Einzelnen und unse­res Planeten zu erin­nern und dabei mit gutem Beispiel vor­an­zu­ge­hen. Daher wer­den wir auch in Zukunft wei­te­re Prozesse ansto­ßen und wei­ter­füh­ren. 

Wie setzt ADRA feministische Ansätze in den Projekten um?

Ausgehend von den oben genann­ten Erkenntnissen legt ADRA in zahl­rei­chen Projekten den Schwerpunkt auf die Unabhängigkeit und Gleichstellung von Menschen aller Geschlechter. Frauen und Mädchen, ins­be­son­de­re in ein­kom­mens­schwa­chen und kon­flikt­be­trof­fe­nen Ländern, sind welt­weit immer noch am Meisten von Armut und Ungerechtigkeit betrof­fen. In vie­len Gegenden, in denen ADRA aktiv ist, haben Menschen ver­schie­de­ner Geschlechter nicht die glei­chen Chancen auf Bildung, wirt­schaft­li­che Teilhabe oder Entscheidungen über ihre eige­ne Zukunft. Unsere Projekte, die sich mit struk­tu­rel­len und sys­te­mi­schen Hindernissen befas­sen, haben daher natur­ge­mäß die Stärkung mar­gi­na­li­sier­ter Gruppen zum Ziel.

Dass Geschlechtergerechtigkeit eine zen­tra­le Voraussetzung für Frieden ist, zeigt sich in zahl­rei­chen Projekten. Bei der Konzeption und Umsetzung aller Projekte wer­den sys­te­ma­tisch die spe­zi­fi­schen Bedürfnisse und Fähigkeiten der ver­schie­de­nen Zielgruppen berück­sich­tigt, um einen gleich­be­rech­tig­ten und inklu­si­ven Zugang zu den Projektaktivitäten zu gewähr­leis­ten.

In Fidschi sind Frauen auf­grund der his­to­risch gewach­se­nen patri­ar­cha­li­schen Gesellschaft häu­fig von Armut betrof­fen. Traditionell sind Frauen dort sel­te­ner in Führungspositionen, aber es hat sich gezeigt, dass sie sozia­le und fami­liä­re Verantwortung über­neh­men. Unser Projekt auf der Vulkaninsel Koro – hier orga­ni­sie­ren sich seit jeher Frauengruppen – zielt dar­auf ab, das Einkommen der dort leben­den Bevölkerung unmit­tel­bar zu ver­bes­sern. Mittels Schulungen, finan­zi­el­ler Unterstützung und Technologietransfer wer­den mit den Frauen- und Jugendgruppen Zukunftsperspektiven für eine „grü­ne“ Wirtschaft gemein­sam erar­bei­tet und imple­men­tiert. Mit dem Aufbau einer ent­spre­chen­den Infrastruktur soll soge­nann­ter „sanf­ter Tourismus“ als zusätz­li­che Einkommensquelle, neben der Landwirtschaft, geför­dert wer­den. Durch Recyclingmaßnahmen soll eine öko­lo­gisch und öko­no­misch nach­hal­ti­ge Wirtschaft auf­ge­baut wer­den. Ziel des Projektes ist es, die Herausforderungen des Klimawandels anzu­neh­men und gleich­zei­tig den Inselbewohner:innen zu hel­fen, die Weichen für eine nach­hal­ti­ge Entwicklung zu stel­len. Eine sol­che Zielsetzung kann nur ver­wirk­licht wer­den, wenn es zu einer gerech­ten Aufteilung der Entscheidungsbefugnisse auf alle Mitglieder (m/w/d) einer Gemeinschaft im Sinne einer gerech­ten Teilhabe kommt.

Andere Projekte, wie zum Beispiel in Somalia, sind mit ihren Maßnahmen dar­auf aus­ge­rich­tet, die Bildungsinfrastruktur für alle Geschlechter zu unter­stüt­zen, indem Schulen gebaut und Trainings für Lehrer:innen durch­ge­führt wer­den. In Somalia wird im Rahmen eines mehr­jäh­ri­gen Projekts unter­sucht, wie aus­ge­wo­gen die Geschlechterverteilung unter den Schüler:innen ist, um her­aus­zu­fin­den, war­um Kinder, vor allem Mädchen, die Schulen vor­zei­tig ver­las­sen. Zu den Gründen gehö­ren Kinderehen, die Notwendigkeit, dass Kinder einen Beitrag zum Haushaltseinkommen leis­ten und ande­re kul­tu­rel­le und reli­giö­se Erwägungen, nach denen eini­ge Gemeinden den Schulbesuch (von Mädchen) ab einem bestimm­ten Alter als nicht ange­mes­sen wahr­neh­men. Diese Datenbasis ermög­licht inzwi­schen kon­kre­te Aktivitäten, die den Kindern lang­fris­tig einen Schulbesuch ermög­li­chen. Es wur­den Indikatoren ent­wi­ckelt, die die­sen Fortschritt und die Reduzierung die­ses struk­tu­rel­len und sys­te­mi­schen Hindernisses bele­gen. Inzwischen ist mess­bar, dass die Zahlen sich sta­bi­li­sie­ren und die Anzahl der „school drop outs” redu­ziert wur­den.

Aufgrund der wach­sen­den Anzahl von Krisen und Konflikten wer­den die­se durch Dialog und Kooperation mit den loka­len Partner:innen und Gemeinschaften gepräg­ten Projekte lang­fris­tig einen wich­ti­gen Beitrag leis­ten. Es wird in Zukunft von ent­schei­den­der Bedeutung sein, femi­nis­ti­sche Konzepte auf allen Ebenen des Lebens zu berück­sich­ti­gen. Wir bei ADRA schau­en aktiv auf unse­re Organisationskultur und unse­re Projekte.

Der Kampf für inter­sek­tio­na­le Gleichberechtigung (= Feminismus) ist eine der größ­ten zivil­ge­sell­schaft­li­chen Bewegungen der letz­ten Jahrzehnte, er kann auch die Kraft haben, den Bereich der Außen- und Entwicklungspolitik neu aus­zu­rich­ten – damit nach­hal­ti­ger Frieden kei­ne Utopie bleibt.

Informieren Sie sich wei­ter über die aktu­el­len Entwicklungen und Erfolge auf dem Weg zur Gleichberechtigung im Bericht Feminist Journeys 2024 von VENRO

Der Feminismus ist der Weg hin zu einer Zukunft mit gleich­be­rech­tig­ter Mitbestimmung und Entscheidungsfreiheit für uns alle!

Teilen auf:

Helfen Sie Menschen in Not durch eine Spende. Gezielt kön­nen Sie Projekte und Kampagnen unter­stüt­zen.

Sie suchen ein Geschenk für jeman­den? Wie wäre es mit einem Geschenk aus unse­rem ADRA-Spendenshop?

Weitere Themen

Holzanhänger in Form eines kleinen Weihnachtsbaums mit ADRA-Logo hängt an einem Tannenzweig; unscharfe Lichter im Hintergrund sorgen für eine warme, festliche Stimmung.

Weihnachten beginnt dort, wo wir teilen

Weihnachten ist die Zeit der Nächstenliebe – eine Zeit, in der wir inne­hal­ten, anein­an­der den­ken und Freude wei­ter­ge­ben. Während sich vie­le von uns auf fest­li­che Tage, gemein­sa­me Stunden und lie­be­vol­le Gesten freu­en, wün­schen sich Menschen in ande­ren Teilen der Welt vor allem eines: dass ihre grund­le­gends­ten Bedürfnisse erfüllt wer­den. › mehr dazu

Nothilfe Taifun Kalmaegi Philippinen Vietnam – zerstörte Häuser und überflutete Straßen nach dem Tropensturm, Menschen waten durch Schlamm und Trümmer

Nothilfe für Südostasien

++++ UPDATE vom 11.11.2025 ++++
Innerhalb einer Woche wur­den die Philippinen von zwei schwe­ren Taifunen heim­ge­sucht. Nach dem Tropensturm „Kalmaegi“ wur­de der Inselstaat wie­der von dem Tropensturm „Fung-Wong“ am 09. November getrof­fen. Er zog mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 185 km/h über die Regionen Northern Luzon, Central Luzon und Bicol hin­weg. › mehr dazu

Lächelndes Kind in Kenia hält ein großes rotes Papierherz mit beiden Händen vor sich.

Helfen Sie mit!

Unterstützen Sie Menschen in Not durch eine Spende. 

ADRA-Mitarbeiterin übergibt einer Frau in Madagaskar Unterlagen, im Hintergrund warten Menschen auf Hilfsgüter

Wiedersehen

geht schneller über
unseren Newsletter

Bleiben Sie informiert und erhalten Sie regelmäßig Informationen über unsere Aktivitäten und Projekte.

Wiedersehen

geht schneller über
unseren Newsletter

Bleiben Sie informiert und erhalten Sie regelmäßig Informationen über unsere Aktivitäten und Projekte.