Ein ADRA-Mitarbeiter aus der Ukraine zeigt Mitgefühl, indem er eine Vielzahl von Lebensmitteln und Hilfsgütern aus einem Transporter an eine Ukrainerin verteilt, die vom Krieg schwer getroffen wurde.

Internationaler Gedenktag für Geflüchtete

Gedanken zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni

In seinem Buch „Der Besuch“ entwirft Adrian Plass ein Szenario darüber, was wohl geschehen würde, wenn Jesus plötzlich leibhaftig unsere Gemeinden besuchte. Er schafft damit gewissermaßen eine Neuauflage der Evangelien, in denen Jesus oft anders war, als die Menschen es sich vorgestellt und gewünscht haben. Eine Beobachtung, die den Theologen Karl Barth dazu gebracht hat, von Gott als dem ganz anderen zu sprechen, um uns daran zu erinnern, dass es zur Gottesbeziehung dazu gehört, sich
von Gott überraschen zu lassen.

Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) gab es Ende 2021 89,3 Millionen Vertriebene weltweit, bereits doppelt so viele Menschen wie noch vor zehn Jahren. Durch den Krieg in der Ukraine waren es Mitte 2022 bereits 103 Millionen. Ursachen für die Flucht sind gewaltsame Konflikte, Menschenrechtsverletzungen, politische, ethnische und religiöse Verfolgung oder extreme Naturereignisse. 42 Prozent aller Geflüchteten sind Kinder, 69 Prozent fliehen in ein Nachbarland. In Deutschland lebten Mitte 2022 2,2 Millionen Geflüchtete und Asylsuchende.

Spätestens der Weltflüchtlingstag der Vereinten Nationen erinnert uns jedes Jahr am 20. Juni an diesen gewaltigen Missstand in unserer Welt und erwartet zurecht eine Reaktion von uns als Wohlsituierte und besonders als Menschen, die sich der Nächstenliebe verpflichtet fühlen.

Mir persönlich hilft bei meiner Reaktion immer das eingangs beschriebene Gedankenexperiment von Adrian Plass: Wenn Jesus heute als Vertriebener in unser Land käme, würde ich ihn willkommen heißen? Als ein Mann, vermutlich mit nahöstlichem Erscheinungsbild, handwerklich geschickt, aber wenig akademisch gebildet, alleinstehend, mit z.T. befremdlichen religiösen Ansichten und einer ausgeprägten Spiritualität. Denn wenn ich ehrlich bin, dann spüre ich auch bei mir immer mal wieder Ängste, Vorbehalte und Rassismen, denen ich aber bewusst keinen Raum geben möchte, weil ich vom Jesusereignis gelernt habe, dass mir in dem ganz anderen Menschen immer auch Jesus begegnen könnte. So wie es auch die gesellschaftlich ausgestoßene Esmeralda in dem DisneyMusical „Der Glöckner von Notre Dame“ erkannt hat, als sie in der Kirche vor einer Jesus-Statue das folgende bewegende Gebet spricht:

Ich weiß nicht, ob du es hören willst, und ob es dich auch gibt. Ich weiß nicht, ob so ein Gott auch Zigeuner (sic) wie mich liebt. Ausgestoßen und geächtet. Gehören wir nicht dazu. Doch ich seh‘ in deinen Augen, ausgestoßen warst auch du.

Mehr zu den Geflüchtetenhilfsprojekten von ADRA Deutschland e.V.

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