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Eine Dienstreise, drei Länder

Die Menschen sind stolz auf das Erreichte

Lukas Driedger ist Leiter der Abteilung Internationale Zusammenarbeit bei ADRA Deutschland e.V. Nach der langen Zeit der pandemiebedingten Reisebeschränkungen und der Krisen im In- und Ausland reist Lukas Driedger zu ADRA-Projekten nach Indonesien, Laos und Thailand.

Lukas Driedger Abteilungsleiter Internationale Zusammenarbeit

Matthias Münz: Hallo Lukas Driedger, willkommen zurück. Sie kommen gerade zurück von einer Dienstreise nach Laos, Thailand und Indonesien. Was war der Grund für Ihre Reise? 

Lukas Driedger: Durch die COVID-Pandemie und die humanitären Krisen der letzten zwei Jahre hatte ich kaum Zeit für längere Projektbesuche. Ich wollte die Gelegenheit nutzen, unsere Partner in Thailand, Laos und Indonesien zu besuchen. 

Matthias Münz: Nachdem Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen auf der ganzen Welt lange nur virtuell treffen konnten, macht es da einen Unterschied, wenn Sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht? 

Lukas Driedger: Im Jahr 2021 haben wir die Abteilungen Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit zusammengelegt. Seitdem bin ich auch für den Bereich Entwicklungszusammenarbeit zuständig. Viele Projekte und Partner habe ich noch nicht persönlich kennengelernt. 2021 hatten wir die Hochwasserkatastrophe in Westdeutschland, letztes Jahr die Krise in der Ukraine und die Covid-Reisebeschränkungen, die das Reisen erschwert haben. Und ja, es macht einen Unterschied, man kann vieles besser online erledigen als man denkt und wir arbeiten immer mehr online mit unseren Partnern zusammen. Aber ganz ohne Besuche vor Ort geht es auch nicht. Zum einen kann man viel besser Vertrauen zu den Partnern vor Ort aufbauen und zum anderen die Projekte besser – mit allen Sinnen – erfassen. 

Matthias Münz: Lassen Sie uns die Länder genauer betrachten. Was haben Sie sich in Thailand angeschaut?   

Lukas Driedger: Neben dem Projekt gegen Menschenhandel und Ausbeutung von jungen Mädchen und Frauen ging es um ein von der EU gefördertes Ausbildungsprojekt für Flüchtlinge aus Myanmar. Nach dem Militärputsch 2021 sind viele Menschen aus Myanmar geflohen. Seit dem 1. Januar unterstützen wir die Geflüchteten aktiv in neun Camps entlang der thailändisch-myanmarischen Grenze. Wir helfen ihnen, sich in verschiedenen Berufen weiterzubilden, damit sie auf dem thailändischen Arbeitsmarkt Fuß fassen können.  

Thailand

Thailand

Hilfe für Geflüchtete aus Myanmar

Projektlaufzeit: 01/23 -12/25

Projekt-ID: 7690033

Gesamtkosten: 2.000.000 €

Eigenanteil: 562.000 €

Matthias Münz: Sie waren auch in Laos. Worum ging es dort?   

Lukas Driedger: Laos liegt in der wirtschaftlichen Entwicklung hinter seinen Nachbarländern zurück. Viele Menschen leiden an Unterernährung. ADRA Laos hat drei große Projekte, die alle miteinander verbunden sind. Nicht alle Projekte werden durch ADRA Deutschland e.V. finanziert. Das ist ein gutes Beispiel für den Netzwerkcharakter der weltweiten ADRA-Büros.  

Eine Gruppe von fünf Landwirten besichtigen die Felder im Rahmen des Projekts "Picrail" zur Ernährungssicherung in Laos
Ein Gewächshaus voller grüner Gemüsepflanzen und Früchte aus dem Projekt in Laos, welches von ADRA Deutschland e.V. und vom Auswärtigen Amt gefördert wird.
Eine Bäuerin aus Laos betreut Kühe in einem Stall im Rahmen des ADRA-Projekts "Picrail" zur Ernährungssicherheit in abgelegenen Gemeinden.

ADRA Deutschland e.V. finanziert unter anderem das Projekt „Picrail“. Da geht es um Ernährungssicherheit. Wir arbeiten in diesem Projekt in abgelegenen Gemeinden, in denen Subsistenzwirtschaft (hier: Landwirtschaft weitgehend zur Selbstversorgung, um den Lebensunterhalt der eigenen Familie oder Gemeinschaft zu sichern) vorherrscht. Es geht also nicht vorrangig um die Vermarktung der Produkte, sondern um die Ernährungssicherung der lokalen Bevölkerung. Deshalb werden verbesserte landwirtschaftliche Methoden vermittelt und z.B. Dorftierärzte ausgebildet. Mit deren Unterstützung werden Impfkampagnen für Nutztiere durchgeführt. Teil des Projekts ist es auch, Ziegen und Kühe an die Bauern zu verteilen.  

Viele der Menschen, die ich dort getroffen habe, haben mir stolz berichtet, wie sie von den Maßnahmen profitieren. Wie sie beispielsweise Ziegen gezüchtet haben. Einen Teil der Zicklein behalten die Bauern und der Rest wird verkauft. Den Erlös haben sie wieder in ihren Betrieb investiert.

Wir versuchen, die Pflanzenauswahl zu diversifizieren. Mais zum Beispiel ist empfindlich, braucht viel Platz und viel Dünger/Pestizide. Andere Pflanzen sind einfacher und effizienter. Außerdem arbeiten wir mit den Gemeinden zusammen, um die vorhandenen Anbauflächen zu nutzen und die Wälder zu schützen.  

Matthias Münz: Die dritte Station Ihrer Reise war Indonesien. Im November 2022 wurde der Südwesten Indonesiens von einem Erdbeben der Stärke 5,6 erschüttert. Mehr als 272 Menschen starben, viele wurden verletzt oder gelten als vermisst. Tausende Häuser stürzten ein oder wurden schwer beschädigt. Wie läuft der Wiederaufbau? 

Lukas Driedger: Ich war zum Beispiel in Cianjur auf der Insel Java, wo ADRA nach dem Erdbeben Nothilfe geleistet hat. Die Menschen sind nun in der Phase des Wiederaufbaus. ADRA hat eine kostengünstige und effektive Methode entwickelt, um Häuser zu retten. Normalerweise sind nach Erdbeben oder anderen Katastrophen die Häuser entweder eingestürzt oder beschädigt. Dann kommt die Regierung und schaut, ob das Haus noch bewohnbar ist. Wenn auch nur der geringste Zweifel besteht, wird es abgerissen. Manchmal gibt es etwas staatliche Unterstützung, um etwas Neues aufzubauen. Auf jeden Fall haben die Familien nicht genug Geld, um ein neues Haus zu bauen. Mit dieser Technik, die wir jetzt anwenden, können die beschädigten Häuser noch gerettet werden UND sind gleichzeitig gegen zukünftige Katastrophen geschützt.  

ADRA Mitarbeiter und weitere Helfer, während den Bauarbeiten von Erdbebensichere Häuser in Cianjur, Indonesien.
ADRA hilft beim Bau von erdbebensichere Häuser in Indonesien, die mit Drahtkonstruktion als Schutz vor Naturkatastrophen dienen sollen
ADRA hilft beim Bau von Häuser mit Drahtkonstruktionen, die gegen Erdbeben und Wirbelstürme geschützt sind.

Die Häuser sind einstöckig und bestehen aus Holzfachwerk und Mauersteinen. Diese Wände sichern wir auf beiden Seiten mit Maschendraht, verbinden die Teile durch die Wand. Am Ende ist die Mauer auf beiden Seiten mit Maschendraht umgeben. Anschließend werden die Wände mit Drahtschlingen an der Decke befestigt. ADRA stellt das Material zur Verfügung und schult die lokalen Handwerker in der Technik.  

In Indonesien gibt es zwei große Risiken: Erdbeben und Wirbelstürme. Bei Erdbeben muss das Haus flexibel sein, um die Erschütterungen zu absorbieren. Bei Wirbelstürmen muss das Haus statisch sein, um dem Wind zu widerstehen.  

Durch die Drahtkonstruktion sind die Wände bei Erdbeben gegen Einsturz gesichert und bei Wirbelstürmen kann das Dach nicht mehr wegfliegen. Außerdem ist diese Methode viel billiger als ein Haus abzureißen und neu zu bauen.  

Matthias Münz: Danke Ihnen, das klingt spannend. Wissen Sie schon, wohin die nächste Dienstreise geht?  

Lukas Driedger: In Südostasien steht noch eine Projektreise auf die Philippinen und in die Mongolei an. Beide ADRA-Büros sind langjährige Partner in der Region und wir planen in beiden Ländern neue Projekte. Diese beiden Ziele habe ich unter anderen in der Region noch vor mir. 

Matthias Münz: Lieber Lukas Driedger, Danke für die Einblicke in die Projektregionen. 

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