Der von der Koalition hart und kontrovers verhandelte Bundeshaushalt 2025 soll 481 Milliarden Euro schwer sein. Wenn der Entwurf am Mittwoch beschlossen wird, müssen viele Bereiche den sprichwörtlichen Gürtel deutlich enger schnallen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) trifft es am härtesten, denn der Etat sinkt um fast eine Milliarde, konkret 937 Millionen Euro. Es folgt das Außenministerium mit einem Minus von insgesamt 836 Millionen Euro. Die Kürzung bei den Mitteln für humanitäre Hilfsmaßnahmen im Ausland beträgt insgesamt 1.189 Milliarden Euro. Mit diesen drastischen Kürzungen nimmt die Bundesregierung die massive Verschärfung von Notlagen und menschlichem Leid in Kauf. Dabei wäre gerade in diesen Zeiten internationale Solidarität von einem relevanten Akteur wie Deutschland wichtiger denn je.
Damit schlagen sich diese Kürzungen massiv im Bereich der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit nieder. Genau in den Bereichen, in denen seit 2022 die öffentlichen Mittel bereits um rund 20 Prozent gekürzt wurden. Unterdessen nehmen weltweit die Krisenherde und die Zahl der Menschen, die auf Unterstützung dringen angewiesen sind, immer weiter zu.
ADRA Deutschland e.V. kritisiert gemeinsam mit zahlreichen anderen Organisationen die geplanten Kürzungen und warnt vor den Konsequenzen. Unter anderem auch mit einer Demonstration am 17. Juli vor dem Kanzleramt in Berlin.
Kürzungen sind genau der falsche Weg
Das Zusammenstreichen der Haushaltsmittel für humanitäre Hilfe und die Entwicklungsarbeit ist der falsche Kurs und hat umfassende, negative Folgen. ADRA Deutschland e.V. und viele andere Organisationen beispielsweise aus dem Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“ leisten in zahlreichen Krisenregionen der Welt aus Verantwortungsbewusstsein und globaler Solidarität unverzichtbare und lebenswichtige Hilfe. Von der akuten Katastrophenhilfe über die Bekämpfung von Hunger und Armut bis hin zur Menschenrechtsarbeit, um einige Beispiele zu nennen.
Wollte man die Auswirkungen des globalen Klimawandels hier auflisten, würde das den Rahmen sprengen. Die Klimakrise hat einen immensen Effekt auf alle Krisen der Welt. Der Klimawandel zerstört Lebensgrundlagen und Ressourcen und zwingt Menschen, ihr Zuhause zu verlassen und anderswo eine Existenz zu sichern. Daher ist internationale Klimafinanzierung auch ein wichtiges Werkzeug, effizient und lösungsorientiert an die Herausforderungen heranzutreten. Es gilt, Klimamigration, aber auch Anpassung, Schäden und Verluste zu verstehen und anzugehen - gerade aufgrund der historischen Verantwortung der Staaten, die viel Emissionen verursacht haben. Ob es Trockenheit und Dürre in den Ländern südlich der Sahara sind oder steigende Meeresspiegel beispielsweise in Bangladesch oder Vietnam. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) geht von bis zu 200 Millionen Klimaflüchtlingen aus. Die nachfolgende Grafik der Welthungerhilfe zeigt diese Klimaauswirkungen deutlich.
„Die drastischen Kürzungen, die der Bundeshaushalt 2025 vorsieht, sind der falsche Weg“, mahnt Christian Molke, Vorstandsvorsitzender von ADRA Deutschland e.V. Dort, wo Armut und Not zunehmen und sich die Lebensbedingungen verschlechtern, weil es keine ausreichende Unterstützung für Grundbedürfnisse wie Ernährung, Gesundheit, Bildung und Sicherheit gibt, verlieren Menschen ihr Zuhause und fliehen. Molke warnt: „Die Entwicklungszusammenarbeit hat auch den Zweck, den Menschen in den betroffenen Regionen dabei zu helfen, sich an den Klimawandel und die sich verändernden Bedingungen anzupassen. Genau diese Arbeit wird durch die Kürzungen gefährdet. Bleibt es bei diesem Sparkurs, müssen die nachfolgende Generationen die sprichwörtliche Zeche zahlen. Überall auf der Welt, wo Hilfe durch die Sparpolitik leidet oder gar eingestellt wird, werden Lebensräume schwinden, Konflikte um Ressourcen zunehmen und Klimakatastrophen vermehrt und stärker auftreten. Davon sind wir bereits jetzt global betroffen und wenn Kürzungen zu Untätigkeit zwingen, wird es schlimmer.
Schlussendlich wird die Zahl derer steigen, die ihre Heimat verlassen, um anderenorts ein besseres Leben zu suchen oder überleben zu können. Das wiederrum bedeutet, dass die zukünftigen immensen Folgekosten dieser heutigen Sparpolitik von künftigen Generationen zu schultern sind.
Auswirkungen der geplanten Kürzungen
VENRO, der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen e.V., in dem ADRA Deutschland e.V. Gründungsmitglied ist, hat in einer aktuellen Umfrage unter den knapp 150 Mitgliedsorganisationen abgefragt, wie die Auswirkungen dieser Kürzungen eingeschätzt werden. Hier die Ergebnisse im zusammenfassenden Überblick:
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- Humanitäre Hilfe auch in „vergessenen Krisen“
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- Menschenrechtsarbeit zum Beispiel in Lateinamerika
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- Seit 2022 wurden öffentliche Gelder bereits um rund 20 Prozent gekürzt
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- Geplante weitere Kürzung von 1,6 Milliarden Euro bis 2025
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- Gesamtkürzung um mehr als 25 Prozent innerhalb einer Legislaturperiode
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- Betroffene Regionen und Länder:
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- Mindestens 40 Länder betroffen
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- Länder mit „vergessenen Krisen“: Angola, Burundi, Burkina Faso, Demokratische Republik Kongo
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- Lateinamerika: Nicaragua, Venezuela, El Salvador
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- Spezifische Auswirkungen:
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- Schwierigkeit, Spenden zu sammeln aufgrund mangelnder Medienaufmerksamkeit
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- Gefahr für Projekte zur Armutsbekämpfung, Infrastrukturaufbau und Advocacy-Arbeit
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- In Ländern mit autoritären Regimen ist die Arbeit besonders gefährdet (z.B. Nicaragua)
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- Entwicklungshilfefonds (BMZ): 13.385 Mio. Euro (2021) auf 9.878 Mio. Euro (2025, Vorgabe des BMF)
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- Humanitäre Hilfe: 2.565 Mio. Euro (2021) auf 1.800 Mio. Euro (2025, Schätzung)
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- Fallbeispiel Burkina Faso:
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- Über 50 % der Bevölkerung unter 18 Jahren
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- Millionen Menschen auf der Flucht
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- Partnerorganisationen können Bildungs- und Arbeitsprojekte nicht mehr finanzieren
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- Forderungen an die Bundesregierung:
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- Stärkung der finanziellen Unterstützung für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit
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- Beibehaltung des Vorjahresniveaus der humanitären Hilfe im Etat des Auswärtigen Amtes (2,7 Mrd. Euro)
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- Anhebung des BMZ-Etats um mindestens eine Milliarde Euro auf 12,2 Mrd. Euro
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