Arzt im Jemen untersucht den Hals eines Kindes in einer Praxis
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Ein Interview mit Verena Lauer

„ADRA stärkt die Widerstandsfähigkeit der Menschen“

Die eige­ne Gesundheit ist die Basis für alle ande­ren Lebensbereiche. In den Ländern des glo­ba­len Südens erkran­ken lei­der nach wie vor zu vie­le Menschen an ver­meid­ba­ren Krankheiten. Mit Verena Lauer, die unse­re Projekte im Jemen betreut, haben wir dar­über gespro­chen, was ADRA kon­kret tut, um die­sen Menschen zu hel­fen. Außerdem wagt sie einen Blick in die Zukunft.

Interview mit Verena

    • Cedric Vogel: Was sind für Kinder die größ­ten Probleme, wenn sie oft krank sind?

    • Verena Lauer: Kinder und Jugendliche legen den Grundstein für die zukünf­ti­ge Generation und Entwicklung einer Gesellschaft. Die größ­ten Probleme sind neben einem ein­ge­schränk­ten Zugang zu Bildung vor allem die sozia­le Isolation, zum Beispiel durch feh­len­de sozia­le Aktivitäten mit Freundinnen und Freunden. Die sind aber gera­de im jun­gen Alter sehr wich­tig, weil sie das Gemeinschaftsgefühl und den sozia­len Zusammenhalt stär­ken, was wie­der­um zu einer posi­ti­ven Entwicklung der phy­si­schen und psy­chi­schen Gesundheit bei­trägt.
 
    • Cedric Vogel: Warum haben wir es als Weltgemeinschaft bis­her nicht geschafft, die ver­meid­ba­ren Krankheiten in Ländern des glo­ba­len Südens zu besei­ti­gen?
 
    • Verena Lauer: In der jün­ge­ren Vergangenheit hat uns Covid-19 deut­lich gezeigt, wie sich Krankheiten auf jeden Aspekt unse­res Lebens aus­wir­ken kön­nen – und wie Infektionskrankheiten arme Menschen über­pro­por­tio­nal hart tref­fen. Bereits seit der Einführung der Millenniumsentwicklungsziele 2000 hat die Weltgemeinschaft enor­me Fortschritte dabei gemacht, die Zahl der Toten durch ver­meid­ba­re Krankheiten, die all­ge­mein mit Armut und Vernachlässigung asso­zi­iert wer­den, zu sen­ken. Hierzu zäh­len unter ande­rem Malaria, HIV/AIDS, Tuberkulose sowie bak­te­ri­el­le Lungen- und Hirnhautentzündungen bei Kindern, die durch den Einsatz von Impfstoffen und Medikamenten ver­hin­dert wer­den kön­nen. Aber lei­der zie­hen sich Länder, die in der inter­na­tio­na­len Zusammenarbeit in die­sem Bereich gro­ße Leistungen und Unterstützung erbracht haben, Jahr für Jahr zurück.
 
    • Cedric Vogel: An wel­chen Punkten setzt ADRA in der Projektarbeit ganz kon­kret an, um Gesundheit zu för­dern?
 
    • Verena Lauer: ADRA arbei­tet eng mit loka­len Regierungen und Behörden zusam­men, um bei­spiels­wei­se die Gesundheitseinrichtungen eines Landes am Laufen zu hal­ten und grund­le­gen­de lebens­ret­ten­de Dienste bereit­zu­stel­len. Dies geschieht vor allem in den von Konflikt und Naturkatastrophen am stärks­ten betrof­fe­nen Regionen. Dazu zäh­len zum Beispiel Treibstoff, Medikamente, Impfstoffe oder medi­zi­ni­sche Notfallausrüstung. Gleichzeitig zu die­sen huma­ni­tä­ren Maßnahmen setzt sich ADRA im Gesundheitsbereich für die struk­tu­rel­le Stärkung loka­ler Gesundheitssysteme ein. Durch den Aufbau von Schulungs- und Ausbildungsmöglichkeiten soll die Qualität der Dienste in den Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern und dörf­li­chen Gesundheitszentren ver­bes­sert wer­den. Dadurch, dass Gesundheits-Aktivitäten sowohl im Bereich huma­ni­tä­rer Hilfe als auch Wiederaufbau umge­setzt wer­den, setzt ADRA ein Zeichen, damit alle Menschen den glei­chen und siche­ren Zugang zu Gesundheit bekom­men kön­nen. Gleichzeitig stärkt die­ser Ansatz die Qualität und Resilienz des Systems, indem neben Notfall- auch län­ger­fris­ti­ge Strukturen des Wiederaufbaus geför­dert wer­den.
 
    • Cedric Vogel: Wie kön­nen die Familien in den Projektregionen selbst dazu bei­tra­gen, ihre Lage bzgl. Gesundheit zu ver­bes­sern?
 
    • Verena Lauer: Wo sich Menschen, ja eben auch Familien in Nachbarschaften, zusam­men­schlie­ßen, kann Großes bewirkt wer­den. ADRA arbei­tet mit zahl­rei­chen zivil­ge­sell­schaft­li­chen Organisationen und Gemeinden in den Projektregionen zusam­men und unter­stützt sie dabei, loka­le Strukturen in Form von Gemeindekomitees auf­zu­bau­en oder bestehen­de Strukturen zu unter­stüt­zen. ADRA stärkt die Widerstandsfähigkeit der Menschen, bei­spiels­wei­se durch Bildungs- und Schulungsmaßnahmen im Gesundheits‑, Ernährungs‑, Wasser- und Hygiene sowie Landwirtschaftsbereich. Zusätzlich ler­nen die Menschen unter ande­rem in Frauengruppen oder Verteilzentren zum Beispiel, wie sie nach­hal­tig Gemüse oder Obstsorten anbau­en oder ihre Ernährungsweisen und Hygienepraktiken ver­bes­sern kön­nen. Das erlang­te Wissen wird anschlie­ßend in den vor­ab gebil­de­ten loka­len Gemeinde- und/oder Nachbarschaftskomitees unter­ein­an­der wei­ter­ge­ge­ben, was zusätz­lich den sozia­len Zusammenhalt stär­ken soll. Auf die­se Weise wird in loka­le Strukturen inves­tiert, die von der Bevölkerung in Eigenverantwortung wei­ter getra­gen wer­den kön­nen.
 
    • Cedric Vogel: Wie sieht dein per­sön­li­cher Ausblick hin­sicht­lich Gesundheit in der Welt aus? Wie kön­nen wir es schaf­fen, dass viel mehr Menschen gesund und ohne ver­meid­ba­re Krankheiten leben kön­nen?
 
    • Verena Lauer: Ich den­ke, es braucht einen Gesundheitsansatz, der Schulmedizin und alter­na­ti­ve Heilmethoden ver­bin­det, der das Zusammenspiel von phy­si­scher sowie psy­chi­scher Gesundheit und im Allgemeinen die „Gesundheit“ unse­res Planeten aner­kennt und ganz­heit­lich sowie gleich­wer­tig mit ein­be­zieht. Zudem gilt es über bestimm­te Krankheiten, zum Beispiel neu­ro­lo­gi­sche und men­ta­le Erkrankungen, HIV/AIDS, bezie­hungs­wei­se alle sexu­ell über­trag­ba­ren Krankheiten, bes­ser auf­zu­klä­ren und nicht zu stig­ma­ti­sie­ren. Wir müs­sen mei­nes Erachtens ein all­ge­mei­nes Verständnis in der Bevölkerung durch stär­ke­re Maßnahmen, vor allem im Bildungs- und Integrationsbereich sowie der Begegnungsarbeit, errei­chen. Ein Beispiel dafür wäre, dass auch (chronisch-) kran­ke Menschen, egal ob kör­per­lich oder men­tal betrof­fen, eine indi­vi­du­el­le Widerstandsfähigkeit besit­zen. Auch sie kön­nen mit ihrem Potenzial zur Gesellschaft bei­tra­gen und soll­ten daher nicht über­se­hen oder aus­ge­grenzt wer­den.
 

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